Ein sonniger Samstagnachmittag im Oktober: Mitglieder des Arbeitskreises UNKE (Umwelt, Natur, Klima und Energie) der GRÜNEN Kreistagsfraktion, sowie weitere Mitglieder der GRÜNEN aus dem Kreis stehen auf der Obstwiese am Lammerbach in Eisbergen. Sie lauschen gut gelaunt und interessiert den Ausführungen von Martina Vortherms, der Leiterin des Kreisumweltamtes: Hier wurde mithilfe von Ersatzgeldern des Kreises aus einer Ackerfläche ein Lebensraum aus Streuobstwiese, Hecke und Blühstreifen geschaffen, wobei der angrenzende Lammerbach auch renaturiert wurde und ebenfalls ein wertvolles Biotop darstellt.”
Damit handelt es sich um ein gutes Beispiel für die Bemühungen der Kreisbehörde um eine Biotopvernetzung im Mühlenkreis. 2006 wurde der Bach renaturiert und eine erste Reihe Obstbäume gepflanzt. 2017 erfolgte die Erweiterung auf der 2 Hektar großen Fläche auf 100 Obstbäume, alles alte Sorten, die auf den traditionellen Streuobstwiesen des Kreises früher schon zu finden waren, wie z.B. Schöner aus Wiedenbrück, Graue Herbstrenette, Biesterfelder Renette, Große Prinzessinkirsche und Wagenheims Frühzwetsche. Bereits 2006 waren in der Nähe des Baches 26 Apfelbäume gesetzt worden, die inzwischen Früchte tragen.
Holger Hansing, stellvertretendes Mitglied im Kreisumweltausschuss, stellt den Interessierten einige der alten Apfelsorten mit allen Sinne vor: Vor dem Stamm des Glockenapfels stehend wird der Name des Baumes anhand der glockenförmigen Fruchtform erraten, die typische Berostung des Roten Boskoop kann erfühlt werden, die Goldparmäne riecht sehr aromatisch und der Sommerapfel Gravensteiner sieht mit seinen roten Streifen nicht nur verführerisch aus, sondern schmeckt auch lecker. Der 1874 erstmals in den USA beschriebene Ontario-Apfel wird an seiner pinken Färbung erkannt, wobei die Exkursionsteilnehmer es mit der Obstbestimmung nicht so weit bringen wie der Bielefelder Pomologe Hans-Joachim Bannier, der die lokale Apfelsorte Extertaler Katzenkopf allein am Geräusch ihres Aufpralls auf einem Holztisch erkennen kann, weil die Frucht einzigartig hart ist.
Während die Gruppe vor einem Baum der Sorte Kaiser Wilhelm steht, zitiert Hansing aus dem Brief des niederrheinischen Obstzüchters Carl Hesselmann an Kaiser Wilhelm I: ,,Um eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät als Einiger und Beglücker unseres deutschen Vaterlandes auch in der Pomologie zu ehren […]”, bat Hesselmann darum, diese Sorte nach dem Kaiser benennen zu dürfen, was Wilhelm der Erste begrüßte. Knapp zwei Stunden später haben einige Exkursionsteilnehmer einen neuen Lieblingsapfel für sich entdeckt, nachdem sie die Apfelstücke von 15 verschiedenen Sorten probiert hatten. Aber auf jeden Fall ist klargeworden, dass neben der großen Artenvielfalt auf Streuobstwiesen mit ihrer Vielzahl an Insekten, Kleinsäugern, Reptilien, Amphibien und Vögeln auch der Obstgenuss dort sehr vielfältig ist und der naturnahe Streuobstanbau vom Dülmener Rosenapfel oder dem Schönen aus Nordhausen sich auch heute noch lohnt. „Wir müssen die im ganzen Kreis vorhandenen Streuobstwiesen nicht nur erhalten, sondern auch dafür Sorge tragen, dass weitere derartige Biotope angelegt und gepflegt werden“, ist das Fazit der GRÜNEN Fraktionssprecherin Cornelia Schmelzer nach dem nicht nur informativen; sondern auch sehr vergnüglichen Ausflug.