Wohnungen müssen für alle bezahlbar bleiben
Wenn Menschen ihre Wohnung verlieren oder drohen zu verlieren, sind sie im Ausnahmezustand. Die grüne Kreistagsfraktion besuchte die Fachberatungsstelle für Menschen in Wohnungsnot „WOHIN“, die im Kreis Anlaufstellen in Minden, Espelkamp, Bad Oeynhausen und Lübbecke hat. Die Fachstelle ist für alle Krisensituationen rund um das Thema Wohnungsnotlagen ansprechbar und seit 2009 anerkannt.
Von den insgesamt 571 Wohnungsnotfällen, die in 2016 bei WOHIN neu aufgenommen wurden, haben die Menschen zum Beispiel Mietschulden, eine fristlose Kündigung bekommen oder gar eine Räumungsklage erhalten. Von 571 Fällen waren insgesamt 209 akut von Wohnungsnot bedroht und 137 wohnten in unzumutbaren Wohnverhältnissen. 2017 war laut Integrierten Wohnungsnotfallbericht NRW jede 5. weibliche Wohnungslose minderjährig (22%). Bei den männlichen traf das nur bei ca. jeden Neunten zu (11%). Diesen Trend bestätigt auch die Leiterin der Fachstelle „WOHIN“, Ursula Büchsenschütz, für den Kreis Minden-Lübbecke.
„Die Wohnungsmarktlage ist sehr angespannt. Zum Beispiel in Minden stehen den Menschen mit HARTZ IV kaum eine geeignete Wohnung zur Verfügung. Die Wohnungen sind zu teuer. Die Mietrichtwerte von derzeit 353 Euro für eine Person sind zu niedrig. Das belegt eine Statistik von WOHIN, nach der das Wohnungsangebot von Mitte Juli bis Mitte Oktober 2018 analysiert wurde. Immer mehr Mieterinnen und Mietern droht wegen eines unzureichenden Kündigungsschutzes und ständig steigender Mieten der Verlust der Wohnung “, kritisieren Siegfried Gutsche, grünes Kreistagsmitglied und Bettina Fuhg, Mitglied im Ausschuss Pro Arbeit.
„75 – 80% der Wohnungen in Minden-Lübbecke sind in Privatbesitz. Die Kommunen müssen gemäß der sozialen Daseinsvorsorge mehr bezahlbare und gesunde Wohnungen vorhalten.
Wir haben eine verfehlte Wohnungsbaupolitik. Man hat geglaubt, den gemeinnützigen oder sozialen Wohnungsbau in der früheren Größenordnung nicht mehr zu brauchen und ihn zugunsten des freien Marktes zurückgefahren. Der Bestand an bezahlbaren, preisgebundenen Wohnungen ist in Deutschland den letzten 30 Jahren von rund 4 Millionen auf 1,25 Millionen zusammengeschrumpft. Nur etwa 26.000 neue Sozialwohnungen wurden im letzten Jahr gebaut. Und auch die Wohnungsbaugesellschaften haben sich massiv aus dem Bau neuer Sozialwohnungen zurückgezogen.
Die hohen Grundstückpreise und die Baukosten führen dazu, dass es sich für Investoren selbst angesichts niedriger Finanzierungskosten nur noch rentiert, wenn sie im hochpreisigen Bereich bauen“, so Siegfried Gutsche.
„Es gibt noch ein weiteres Problem. Wohnungslose benötigen bei der Beantragung von Hilfen eine Postadresse. Jedoch gibt es für Wohnungslose nur in Minden, Espelkamp und Lübbecke die Möglichkeit eine Postadresse zu nutzen. Sie kann zum Beispiel von Vereinen, Verbänden oder Kirchengemeinden eingerichtet werden. „Wir GRÜNEN werden uns um die Einrichtung von Postadressen in den übrigen 8 Städten- und Gemeinden bemühen“, erklärt Kreistagsmitglied Siegfried Gutsche
Im Sommer 2018 hat der Verein Hilfe für Menschen in Krisensituationen e.V. vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW das neue Projekt „Soziale Wohnraum-Hilfe“ zugesagt bekommen. Grundgedanke dieses Projektes ist es eine Mittlerrolle zwischen potentiellen Vermietern und Klienten der Fachstelle WOHIN einzurichten.
„Wir freuen uns über diese Zusage. Das unterstützt die professionelle Arbeit der Fachberatungsstelle und trägt dazu bei die Wohnungsnotlage in Minden-Lübbecke abzufedern“, sagt Bettina Fuhg, Mitglied der grünen Kreistagsfraktion.
Anlage 1: Stichpunkt-Statistik der Fachstelle WOHIN, Stand: 16.07.2018 – kleiner Blitzlicht-Statistikauszug, der das katastrophale Wohnungsangebot für Ein-Personenhaushalte im Raum Minden darstellt. Die Einstufung für „geeigneter Wohnraum“ orientiert sich am Mindener Mietrichtwert von 353 Euro. Als Grundlage für die Wohnungssuche dienten Wohnungsanzeigen aus dem Mindener Tageblatt und der Immowelt.
2018_11_14 PM Menschen in Wohungsnot
Wohnungssuche_Statistik_2018 MT Immowelt Stichpunkttage 7-11 2018_
Anlage 2: Foto von Siegfried Gutsche, Kreistagsmitglied der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN